Hardware Praxis – Tipps zum Einbau einer neuen Festplatte

00 Titel.jpgWer schon den einen oder anderen Artikel von mir gelesen hat, weiß, dass ich häufig über Dinge schreibe, die mir so im Admin- und Hobby-Admin-Alltag (also privat :) ) so über den Weg laufen oder auffallen. Oftmals denke ich dann, dies könnte Euch vielleicht auch interessieren.

Genau, es ist wieder mal passiert. Was? Dem Backup-NAS in der eigenen Firma geht der Speicher aus. Gut wenn im NAS noch nicht alle Slots belegt sind und so leicht aufgerüstet werden kann. Da im Moment immer noch allerlei IT-Produkte schwierig oder zum Teil gar nicht lieferbar sind, halte ich es für sinnvoll mit dem Aufrüsten rechtzeitig zu beginnen. Nun ja, die Festplatten, in meinem Fall in der Größe von 8 TB, waren in dem von mir bevorzugten Modell sofort ab Lager lieferbar. Aber das muss nicht immer so sein. Der Lieferant hat mir dies bestätigt, dass die Situation im Moment immer noch nicht entspannt ist und tendenziell sich auch noch etwas verschärfen könne.



- - - Tipp - - -

Mit dem Bestellen und Aufrüsten der Festplatten nicht warten bis nichts mehr gespeichert werden kann.




1. Die Auswahl des Modells


Zu Beginn steht immer die Auswahl des passenden Festplatten Modells. Passend heißt in diesem Fall aber nicht nur die „passende“ bzw. gewünschte Größe, sondern auch ein kompatibles Modell. Wer sich hier im Forum schon etwas umgesehen hat, wird zwangsläufig über die Hardware-Kompatibilitätsliste von QNAP gestolpert sein:


01 Kompalibilitätsliste.png


Screenshot von: qnap.com


Hier kann man prüfen, ob das Wunschmodell von QNAP auf Kompatibilität geprüft wurde. Die Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt durchaus Modelle, die hier nicht stehen und genauso funktionieren können. Ebenso gibt es keine Garantie, sollte das Modell hier stehen, dass es zu keinerlei Problemen kommt. Etwas was ich selbst schon erfahren durfte:

Hardware – Nur ein Kuriosum oder...? Ein Erfahrungsbericht aus dem IT-Alltag


Das größte Problem wird man wohl mit einem alten NAS-Modell haben, denn QNAP führt die Listen meist nicht so lange nach, zumindest keine 10 Jahre. Manch einer hat die Teile ja 10 Jahre und mehr im Einsatz. (OK, bin auch schuldig im Sinne der Anklage :) )



- - - Tipp - - -

In so einem Fall würde ich es mit einem Nachfolge-Modell eines kompatiblen Festplatten-Modells versuchen. Auch hier im Forum nach Erfahrung nachzufragen kann helfen. Vorsichtig muss man etwas mit der Größe sein. Hat auf der Kompatibilitätsliste die größte Festplatte 2 TB, würde ich es jetzt nicht mit einer 20 TB Festplatte versuchen.




2. Der Lieferant


Ist das passende Modell gefunden, stellt sich als nächstes die Frage:

Wo bekomme ich das Teil her?“

Bei den meisten wird die Frage aber eher so lauten:

Wo bekomme ich das Teil am billigsten?“

Kann man machen, ist aber sicher nicht meine Empfehlung. Da in meinem Fall das Teil in der Firma zum Einsatz kommt ist „billig“ nicht zwingend das wichtigste Argument, sondern:

Wo bekommt ich das Teil, dass es möglichst lange und zuverlässig arbeitet?“

Die Meisten werden sich jetzt fragen, was dies denn mit dem Lieferanten zu tun hat. Sehr viel sogar. Wenn Ihr schon mal eine Festplatte bestellt habt, wie habt Ihr diese bekommen? Eventuell in einem wattierten Kuvert oder lose in einer Schachtel?


Ich beschreibe mal, wie meine Festplatten angekommen sind. Dann könnt Ihr selbst urteilen und mit Eurem eigenen Lieferanten vergleichen.

Wie gesagt habe ich 8 TB Festplatten bestellt und davon 2 Stück. Beide Festplatten sind zusammen in einem Paket angekommen. In diesem Paket waren nochmals 2 Pakete, in dem jeweils eine Festplatte war.

Um diese Verpackung, also diese Schachtel geht es mir im besonderen. Die Schachtel ist etwa 3 mal so lange wie eine Festplattenlänge und ist etwa 3 mal so bereit wie eine Festplattenbreite. Die Breite der Schachtel entspricht etwa der Höhe der Schachtel. Öffnet man die Schachtel, befindet sich darin eine Art Regal aus Karton, nur seitlich aufgelagert, auf dem die Festplatte mit Kunststofffolie eingewickelt ist, so dass die Festplatte um keinen Millimeter verrutschen kann. Der Karton auf dem die Festplatte festgewickelt ist, funktioniert ähnlich wie eine Blattfeder in einem Auto, wenn auch nur mit einem Blatt und aus Karton. Wobei der Karton ja auch mehrschichtig ist. Genauso wie beim Auto fungiert dies als Schockabsorber, zum Auffangen von Stößen. Wie genial ist das denn. Nur mit Karton, etwas Folie und viel Luft.


Dass so eine Festplatte den Transport besser, unbeschadeter und stressfreier übersteht als in einem wattierten Briefumschlag erklärt sich wohl von selbst. Ein möglicher Schaden muss übrigens nicht sofort nach dem Einbau erkennbar werden.



- - - Tipp - - -

Festplatten bei einer professionellen Firma bestellen, die sich mit Versand elektronischer Komponenten auskennt. Billig sollte nicht als ausschließliches Kriterium gelten.



Ich habe die Festplatte bei einem europaweiten IT-Systemhaus mit Online-Plattform bestellt, welches seit Jahren mein Vertrauen geniest. Leider dürft Ihr als Privatperson da nicht bestellen, da dieses Systemhaus nur B2B (Business to Business) verkauft, also nur Firmenkunden betreut. Ich weiß, ist gemein. Erst empfehlen und davon schwärmen und dann dürft Ihr da nicht mal einkaufen. :D



3. Akklimatisation


Also Festplatten auspacken und rein damit ins NAS. Stoooppp!!! Nicht so schnell. Ich weiß ja nicht welche Temperaturen bei Euch so gerade beim Festplatteneinbau herrschen, aber bei mir war es hier nicht sonderlich warm, eigentlich kalt. Also kurz den Fingercheck bei einer Festplatte gemacht. Antistatischen Beutel öffnen – Achtung siehe dazu Punkt 4 – und den Finger darauf gehalten. Brrrr, eiskalt. Eine gefrorene Festplatte baut man nicht ein. Nun gut, gefroren war sie nicht, aber definitiv zu kalt um in Betrieb zu gehen. Festplatten haben bestimmte Lager- und Betriebstemperaturen. Ich habe hier mal exemplarisch die Daten von einer Seagate Ironwolf:


Umgebung / Temperatur

°C

Temperatur im Betrieb (Umgebung, min.)

5

Im eingeschalteten Zustand (Festplattengehäuse, max.)

70

Im ausgeschalteten Zustand (Umgebung, min.)

- 40

Im ausgeschalteten Zustand (Umgebung, max.)

70


Quelle:seagate.com


Die Temperaturen sind je nach Hersteller, Festplattenmodell und Verwendungszweck sehr unterschiedlich. Bitte entnehmt für Eure Festplatten die Daten aus den Spezifikation des Herstellers.


Auch wenn die Spanne hier recht groß ist und die Festplatte jetzt vermutlich nicht unter 5°C war, muss man aber folgendes berücksichtigen:


  • Was macht man normalerweise bei einem NAS, wenn man eine neue Festplatte eingebaut hat? Richtig, man erstellt ein RAID, fügt sie einem RAID hinzu oder ähnliches. Das bedeutet, dass die Festplatte von der Mindesttemperatur gleich auf die maximale Temperatur gejagt wird. Bei einer RAID-Erstellung / Synchronisation wird die Festplatte - je nach Einstellung - mit maximaler Last gefahren, also hohe Temperaturentwicklung. Und dies über mehrere Stunden, je nach Kapazität auch Tage.

    Bin jetzt weder ein Metallurge noch ein Materialexperte. Aber dass dies zu unnötigen Spannungen / Stress im Material führen und die Lebensdauer nachhaltig negativ beeinflussen kann, dürfte jedem einleuchten.


  • Dazu kommt Kondensatbildung. Je nachdem wie lange und wie kalt / warm die Festplatte ist und wie sie zuvor transportiert / gelagert wurde, kann es im Innern auch zu Kondensatbildung kommen. Dass dies im Betrieb fatale Folgen haben kann, auch klar. Bei so etwas hat man die beste Chance die Festplatte gleich zu killen.


  • Wie maßgebend der Luftdruck bzw. dessen Unterschied ist, bzw. wie stark der auf Grund des Transports ausfallen kann, vermag ich nicht abzuschätzen. Der sollte sich aber mit der Temperatur und Luftfeuchtigkeit auch angeglichen haben.



- - - Tipp - - -

Deshalb empfehle ich, die Festplatte mindestens 24 Stunden im selben Raum, in der die Festplatte zum Einsatz kommt akklimatisieren zu lassen. Dies würde ich zu jeder Jahreszeit so handhaben, auch im Sommer.



In meinem Fall bedeutet dies, dass ich die Festplatte in den Rackschrank lege, in dem das NAS verbaut ist, in der die Platten ihr neues Zuhause finden sollen. Da ich die Freitags hineingelegt habe, werden es so natürlich mehr als 24 Stunden Akklimatisation sein. Mehr Zeit schadet sicher nicht.



- - - Tipp - - -

Des Weiteren empfehle ich, die Festplatten in ihrer antistatischen Hülle zu belassen, aber diese zwecks besserer Angleichung zu öffnen. Ich verweise in diesem Zusammenhang wieder auf Punkt 4.




4. Elektrostatische Entladungen


Die Gefahr um elektrostatische Entladungen ist den Meisten wohl auf die eine oder andere Art ein Begriff. Dass selbige elektronischen Bauteilen nicht wirklich zuträglich sind, wird auch noch bekannt sein. Da Festplatten ein so schön massives Metallgehäuse haben, geht oft vergessen, dass sowohl die Anschlüsse (Strom und SATA) als auch die Controller-Platine an der Unterseite nicht wirklich gegen elektrostatische Entladungen geschützt sind. Gerade die Platinenunterseite wirkt eher unscheinbar.


02 festplatte_platine.jpg


Bildquelle: port29.net


Dreht man die Platine mal um, sieht man, dass hier doch einiges an Elektronik verbaut ist.


03 festplatte_platine.jpg


Bildquelle: port29.net



- - - Tipp 1 - - -

Vor dem Arbeiten mit elektronischen Bauteilen, auch Festplatten, sich selbst entladen. Hier hilft es ein metallisches Teil, am Besten geerdet wie z.B. einen Heizkörper (unlackierte Teile) zu berühren - blöd wer eine Bodenheizung hat.

An dieser Stelle kann auch ein antistatisches Armband helfen - das aus dem Elektronikbedarf, nicht aus dem Schmuck- oder Esoterikladen. ;)



- - - Tipp 2 - - -

Festplatte an den langen Seitenrändern halten.



- - - Tipp 3 - - -

Festplatte so lange als mögliche in der antistatischen Hülle belassen. Auch zum Lagern und Aufbewahren Festplatten wieder in eine antistatische Hülle geben.




5. Steckzyklen von SATA-Anschlüssen


Da sich bei den meisten NAS die Festplatten einfach ein- und ausbauen lassen, kommt der Eine oder die Andere auf die glorreiche Idee, den übergebliebenen Slot als Wechselfestplatte zu verwenden. Eigentlich ziemlich naheliegend. Was die Meisten jedoch nicht wissen, ist, dass für SATA-Anschlüsse nur sehr begrenzte Steckzyklen vorgesehen sind. Manche Hersteller geben hier 50 Steckzyklen an. Für den Einsatz als Wechselfestplatte natürlich viel zu wenig.


Wieso sind SATA-Anschlüsse nicht für mehr Zyklen ausgelegt?

Wie sieht der normale Steckzyklus einer Festplatte aus: 1x einbauen, 1x ausbauen wenn die Platte ihren Dienst quittiert oder aus anderen Gründen ersetzt wird.

Wie sieht der normale Steckzyklen eines SATA-Anschlusses eines NAS aus? 1. Festplatte einmal einbauen bis die Festplatte defekt ist. 1. Festplatte ausbauen, neue 2. Festplatte einbauen. Danach gibt meist das NAS den Geist auf. Es kommt nur selten vor, dass mehr als eine Festplatte am gleichen Slot defekt wird (Wenn doch, stimmt es wohl an anderer Stelle nicht).

Natürlich baut der eine oder andere mal größere, mal andere Festplatten ein. Da reichen 50 Steckzyklen aber immer noch mehr als aus.


Wenn der SATA-Anschluss der Festplatte den Dienst quittiert ist dies das Eine. Wenn der SATA-Anschluss am NAS nicht mehr will, ist dies eine ganz andere Hausnummer. Der SATA-Anschluss für Festplatten befindet sich bei QNAP-NAS auf einer sogenannten Back-Plane, einer Riser-Karte, die auf das Motherboard des NAS gesteckt wird.


04 TS-253D - Innen.JPG


Bild: Backplane TS-253D by Mavalok2


Ist die Garantie des NAS abgelaufen, ist es so gut wie unmöglich Ersatz dafür zu bekommen. Spender-NAS sind kaum zu finden, denn da ist meist ebenfalls das Backplane defekt.



- - - Tipp - - -

Ein Festplatten-Slot eines NAS eignet sich nicht als Wechselfestplatte. Lasst die Finger davon.




6. Fazit


Ich hoffe, dass ich ein paar nutzbringende Tipps für Euch hatte und so die Festplatten etwas länger ihren Dienst versehen können. Zur Lebensspanne einer Festplatte kann man durchaus selbst etwas beitragen und dies schon vor und während des Einbaus.


Man muss sich aber eines bewusst sein: Festplatten sind Verschleißteile. Es ist nicht die Frage ob eine Festplatte ausfällt, sondern wann.



7. Postskriptum


Wer noch auf der Suche nach der passenden Festplatte für sein NAS ist: Seit kurzem gibt es Festplatten mit 20 TB Kapazität.


So bei Seagate die IronWolf Pro 20 TB - Modellnummer: ST20000NE000

https://www.seagate.com/de/de/…ives/ironwolf-hard-drive/


Oder auch bei Western Digital. Die WD Red Pro 20 TB – Modellnummer: WD201KFGX

https://www.westerndigital.com…ed-pro-sata-hdd#WD201KFGX


Beide Festplatten stehen bei einigen neuen NAS-Modellen schon auf der Kompatibilitätsliste von QNAP.


Bei Toshiba scheint im Moment noch 18 TB das obere Ende darzustellen:

https://www.toshiba-storage.co…nternal-hard-drives-n300/


Gibt auch noch die Exos X20 von Seagate aus der Enterprise Class:

https://www.seagate.com/de/de/…rprise-drives/exos-x/x20/


Auch die steht schon bei einigen NAS-Modellen auf der Kompatibilitätsliste.



- - - Tipp - - -

Es kann durchaus günstiger sein kleinere Festplatten zu kaufen, dafür ein größeres NAS mit mehr Slots, vor allem wenn man die Festplatten nach und nach einbaut, mit wachsendem Speicherbedarf. Speicher wird tendenziell günstiger, zumindest pro Kapazität gerechnet.

Kommentare 1

  • Wow, vielen Dank! Mein Bruder braucht es sehr.