Tschüss QTS --- Ich werde künftig die Firmware von QNAP verweigern

Ich habe beschlossen künftig nicht mehr die vorinstallierte Firmware von Qnap zu verwenden. Ok, um der Wahrheit die Ehre zu geben, das betrifft nicht nur Qnap. Auch um die Firmware von Synology werde ich künftig einen Bogen machen. Und um die anderer Hersteller vermutlich auch, aber das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, da alle meine NASen bisher von Qnap oder Syno sind.


Was ist der Grund dafür?


Nun, ich hatte mich für QNAP entschieden, weil die Systeme offen sind und erweitert werden können. Wenn es etwas nicht vorgefertigt gibt, dann kann man auf die Kommandozeile gehen und die gewünschte SW selber installieren (die nötigen Kenntnisse vorausgesetzt).


Das waren zumindest die Aussagen, die ich im Vorfeld zu lesen bekam und die mich angesprochen haben. Da ich Informatiker bin, und seit vielen Jahren mit diversen Computern arbeite (DOS, Unix, Windows, Linux, egal…), habe ich die nötigen Kenntnisse als gegeben angenommen – und das war im Wesentlichen auch zutreffend.


Trotzdem ist es mir immer wieder schwer gemacht worden, meine eigenen Vorstellungen zu realisieren. Ein Punkt, der mich von Anfang an immens genervt hat, ist die Tatsache, dass man immer irgendwelche Tricksereien machen muss, um einen Dienst (oder ein Script) beim Booten zu starten. Überhaupt war es immer fraglich, ob die gerade gemachten Änderungen einen Reboot überleben würden.


Ja klar, konnte das alles irgendwie gelöst werden, aber es war umständlich und eher Teil des Problems als der Lösung.


Der zweite Punkt war der, dass als Basis ein „verkrüppeltes“ Linux zum Einsatz kommt. Viel zu oft wollte ich irgend etwas machen und musste feststellen, dass (für mich grundlegende) Tools nicht verfügbar waren. Da die Firmware aber nicht auf einer der etablierten Distros aufsetzt, konnte ich mich auch nicht deren SW-Repos (z.B. apt bei Debian) bedienen.


Ja, es gibt opkg und deren Derivate, aber das ist nicht dasselbe. Die erzeugen eine parallele Struktur und zu oft gibt es Probleme mit den Pfaden (die entweder hart einkompiliert und/oder nicht konfigurierbar sind).


Was am Ende aber ausschlaggebend war und für mich letztlich das Fass zum Überlaufen gebracht hat, waren Fehler oder Verhaltensweisen, die quasi kaum nachvollziehbar waren – zumindest nicht auf anderen Rechnern. Auf meinem NAS waren sie vorhanden und reproduzierbar, aber im Internet habe ich nichts dazu gefunden – außer in den Foren der Jeweiligen Hersteller. Dort gab es immer wieder den einen oder anderen, der über dasselbe Problem oder Verhalten wie ich gestolpert ist. In den seltensten Fällen allerdings gab es eine Lösung. Hin und wieder konnte immerhin der Grund lokalisiert werden. Und der war in diesen Fällen immer die proprietäre Änderung durch die Hersteller an etablierten Diensten wie Samba oder rsync (um nur mal zwei zu nennen). Irgendwie wollten sie ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal einbauen und haben aber dabei die SW „verschlimmbessert“.


Auswirkungen waren entweder ganz schlicht auftretende Fehler (z.B. dass Zugriffe vorübergehend nicht möglich waren, dass die Übertragungsrate einbricht, oder dass Fehlermeldungen kommen, die offiziell nicht existieren) oder auch dass Features der Originalprogramme nicht so funktionieren wie gewünscht und erwartet.


Das ist mir ein paar mal zu oft passiert. Ich habe Stunden wertvoller Lebenszeit damit verbracht Phantome zu jagen, nur um dann (mal wieder) festzustellen, dass eine proprietäre Änderung seitens der Hersteller die Ursache dafür war.


Das ist mir viele Jahre mit Qnap so gegangen (ich habe / hatte 3 NASen von Qnap; vier, wenn man das alte TS-410 mitzählt, das mittlerweile nicht mehr läuft). Irgendwann habe ich es mit Synology versucht, in der Hoffnung, dass die es besser machen. Das ist aber nur an der Oberfläche der Fall. Wenn man -so wie ich- immer wieder Teile der Konfig an seine Wünsche anpassen will, steht man auch bei Syno vor denselben Problemen, wie bei Qnap. Am Ende musste ich feststellen, dass auch wenn sie als offene Systeme vertrieben werden, bei weitem nicht so offen waren, wie ich es mir gewünscht habe. Von Stabilität und Fehlerfreiheit ganz zu schweigen…


Daher habe ich mich irgendwann mal frustriert nach Alternativen umgesehen und war (positiv) überrascht, wie viele NAS Distros es im Laufe der Zeit gab und immer noch gibt. Über die letzten Monate habe ich mir viele davon angesehen. Die meisten nur „auf dem Papier“ – nach Kriterien wie z.B. „unterstützte Plattformen“, „wann wurde die letzte Version veröffentlicht (wird es noch aktiv supported)“ und für mich ganz wichtig „werden die Linux-Pakete unverändert verwendet“.


Letztlich bin ich bei OMV (Open Media Vault) gelandet. Es basiert auf Debian und lässt sich überall dort installieren wo auch Debian läuft. Es hat nicht diesen ganzen Medien-Firlefanz, den ich eh‘ nie verwendet habe. Und mit Debian habe ich ein stabiles und gut gewartetes Linux als Basis (mit deren SW Repository).


Das Dateisystem von OMV wird auch nicht bei jedem Start komplett von Null neu aufgebaut. Klar, es gibt Konfigfiles, die aus einer zentralen Datenbank heraus generiert werden – das ist in diesen Konfigfiles aber als Kommentar vermerkt, so dass man im Forum von OMV nachfragen kann, falls man da was ändern möchte. Alle anderen Files bleiben da; und wenn ich daran etwas ändere, dann überlebt das einen Reboot – zumindest habe ich bei meinen Tests nicht gegenteiliges gefunden. Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt ist, dass -obwohl ich am Ende die gleiche Funktionalität erreiche- ich viel weniger Änderungen „unter der Haube“ (also in der Shell im Debian-System) machen muss.


Und ich habe weit mehr Kontrolle darüber, wie die Platten formatiert sind. Kein LVM, wo ich keines will/brauche. (Natürlich kann OVM auch LVM – aber halt nur dann, wenn ich es einrichte)


Zugegeben, der App-Shop mit Plugins ist nicht so groß wie bei Qnap oder Syno. Er enthält auch eher Grundfunktionalitäten eines NAS. So kann / muss ich z.B. LVM oder auch Docker erst als Plug-In über den App-Shop installieren, bevor ich es nutzen kann. SW-Pakete, die nicht direkt die Gundfunktionalität des NAS betreffen sind dort aber kaum vorhanden. Dafür gibt es wie schon gesagt das Debian SW Repo und die Docker-Container. OMV kann (wie Qnap und Syno auch) Docker Container nutzen und verwalten. Viele davon bereits mit fertig vorbereiteten Konfigfiles. Das ist deren App-Shop – und wer will kann sich darüber all die Dienste ziehen, die er für seine Medianlandschaft braucht.


Auch die GUI ist nicht so Klicki-Bunti wie bei Qnap. Sie ist eher einfach, fast schon „hölzern“ und nutzt kaum Farben. Sie ist im wahrsten Sinne Schwarz-Weiss. Dafür ist sie durchgängig. Es gibt überall genau diese eine Art, wie die GUI strukturiert ist. Das macht es sehr angenehm und ich habe mich nach einer sehr kurzen Eingewöhnungszeit schnell überall zurechtgefunden.


Einen weiteren ganz großen Vorteil habe ich die letzten Wochen schon intensivst genutzt: OMV kann man in einer VM betreiben (zumindest zu Testzwecken – für den Produktivbetrieb wird davon dringend abgeraten). Aber so konnte ich die letzten Wochen alles Mögliche ausprobieren und ausloten, ob OMV meine Bedürfnisse erfüllt. Bei Qnap musste ich solche Experimente immer am lebenden System machen. Manchmal mit negativen Folgen…


Derzeit bin ich dabei, nach und nach alle meine NASen auf OMV umzustellen.


Letztlich bedauere ich ein wenig, mich nicht schon viel früher nach Alternativen umgesehen zu haben…

Kommentare 9

  • Warum hast du dich für OMV (Open Media Vault) entschieden und nicht z.B. für TrueNAS SCALE?

  • Ich habe die letzten 2 (?) Jahre auch schon öfter darüber nachgedacht, allerdings nur aufgrund der desolaten Software die immer wieder versagt, große Spielereien am System brauche ich nicht.

    Leider ist QNAP trotzdem noch zu komfortabel für meine Zwecke, weshalb ich längst nicht so weit bin umzusteigen... Wenn, dann wäre es TrueNAS. Der Gedanke daran mich dort tief genug einzuarbeiten und alles umzustellen bringt mich aber immer wieder von der Idee weg, sodass ich doch lieber weiterhin hoffe, dass sich QNAP hier bessern wird...

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  • Ich dachte immer, Qnap und Co. sind für die non-Nerds gedacht? Die Profis können sich ja eh Server selber bauen. Ich bin mit Qnap zufrieden, gerade weil da alles vorkonfiguriert ist. Keine Zeit zum rumbasteln. De gustibus non est disputandum.

    Danke 1 Gefällt mir nicht 1
    • Ja, theoretisch könnte ich mir einen Server bauen / konfigurieren. Aber zum einen will ich die HW nicht selber bauen, das ist mir zu nervig. Ich will eine NAS-HW die fertig ist und funktioniert. Und die gibt es nunmal nur mit vorinstallierter Firmware. Die paar wenigen NAS, die ich ohne FW gefunden habe, waren sogar noch teurer, als die mit...

      Und dann weiss ich die Bequemlichkeit eines vorkonfigurierten Systems durchaus auch zu schätzen. Es sollte aber halt trotzdem erweiterbar sein und vor allem richtig und fehlerfrei funktionieren...

    • Qnap will auch für eingefleischte Profis etwas zur Verfügung stellen, die Preise sprechen da durchaus eine eigene Sprache und das ist mit der vorhandenen Sucherei, wenn man etwas selber konfigurieren möchte eher nicht der Fall oder umständlich.

      Ich kann die Entscheidung durchaus nachvollziehen und bin auf einem ähnlichen Weg.


      rsync & co gehören zu meinem täglichen Brot und mal eben einen cron dauerhaft zu installi8eren ist mit einem Eintrag in die crontab nicht gemacht.

      Den Start der uid`s und gid`s möchte ich selbst definieren können und nicht jedes mal ein Sichereheitsloch in der Konfig haben, wenn qnap meint neue User ab uid 10000 anzulegen. und und und


      Am schlimmsten ist aber immer die Wartezeit, wenn ein Update gemacht wurde. Kommt das qnap hoch oder nicht. Downgrade ist nicht einmal vorgesehen.....

    • Ich finde, die NAS können viel zu viel. Bei mir sollen sie nur Daten anspeichern, wie eine große Festplatte.


      Bei alternativen NAS-Betriebssystemen stellt sich dann sie Frage, wird "Spezialhardware", wie Displays, Tastenfelder, Erweiterungskarten, unterstützt?

    • Nein, die Systeme sind nicht offen. Die Hersteller haben einen Daumen auf ihr NAS-Betriebssystem. Willst du Freiheit, baust du dir dein NAS selber. Eigene Hardware und entsprechende offene NAS Software. Sowas ist aber bekannt.

    • Zitat

      Derzeit bin ich dabei, nach und nach alle meine NASen auf OMV umzustellen.

      Was heißt denn hier "umstellen"? Ein QNAP mit OMV zu flashen?

      Wie ist denn der aktuelle Stand des Projekts?