Defekten DOM durch einen USB Stick ersetzen

[PROLOG]

Probleme mit einem defekten DOM waren einst der Grund für meinen ersten und die darauffolgenden Blogartikel. In diesem Artikel möchte ich mich der Sache aus "aktuellem" Grund nochmal annehmen und schnell aufzeigen, welche Möglichkeiten man hat um sein System mit defektem DOM ganz einfach mit einem USB Stick wieder fit zu bekommen.


Selbstredend habe ich das Alles nicht an jedem Gerät oder für jede wie folgt genannte „Gerätegruppe“ testen können, Vieles bleibt daher theoretischer Natur.


[VORAUSSETZUNGEN]

Prinzipiell müssen wir zwischen folgenden NAS unterscheiden (bitte die für euch relevante Gruppe für den weiteren Verlauf merken und dennoch erstmal alles lesen):

1) Geräte mit Möglichkeit auf das BIOS zuzugreifen, z.B. mit Monitoranschluss oder Console Port.

1.1) Geräte mit steckbarem DOM.

1.2) Geräte ohne steckbarem DOM.

2) Geräte ohne Möglichkeit ins BIOS zu kommen.

2.1) Geräte mit steckbarem DOM.

2.2) Geräte ohne steckbarem DOM.


Für Geräte der Gruppe 2.2 ist die Reise hier leider (wahrscheinlich) schon zu Ende, hier bleibt nur der Austausch des entsprechenden IC auf dem Mainboard, welcher den DOM darstellt.

Je nach Defekt des DOM (insbesondere wenn dieser gar nicht mehr erkannt wird) kann es allerdings tatsächlich noch Erfolge geben, wenn man ähnlich wie bei Gruppe 2.1 verfährt aber den DOM durch einen USB Stick ersetzt… im Verlauf mehr dazu.

Für Geräte der Gruppe 1 und 2.1 ist das Verfahren identisch, bei Gruppe 1 hat man jedoch noch eine alternative Möglichkeit.


Was wir nun brauchen ist ein USB Stick mit mindestens der Kapazität des DOM, meist 512 MB oder 4 GB, sowie einen Rechner für die Vorbereitung und ggf. Durchführung. Hier laden wir schonmal das entsprechende Recovery Image für das Modell herunter, diese findet ihr hier: https://www.qnap.com/de-de/how…s-firmware-recovery-guide
Hier werden auch direkt Ausnahmen aufgelistet, mit denen eine Recovery (und nichts anderes machen wir hier im Wesentlichen) nicht möglich ist. Eine Anfrage beim Support könnte dennoch Abhilfe schaffen.

Sollte euer Modell im Weiteren dennoch nicht gelistet sein, muss das Image beim Support oder ggf. im Forum angefragt werden.
Außerdem benötigen wir die aktuell vom NAS verwendete Firmware als Update-Datei. Letzteres ist ratsam, aber kein Must-Have, wenn sich die Version unterscheidet wird QTS später zwar kurz schimpfen, aber das ist schnell geradezubiegen... im Zweifel sollte es die aktuellste FW für das Modell sein, dazu aber später nochmal eine Warnung für ältere QTS.


Für Geräte der Gruppe 2.1 sowie optional für Geräte der Gruppe 1.1 benötigen wir außerdem eine USB Buchse mit USB2 Pin Header (das sind die Teile, mit denen z.B. Front USB an PC Gehäusen oder USB in einer Slotblende angeschlossen werden). Ich empfehle einen 8+1 Header, da dies dem des DOM entspricht und er daher intuitiv angesteckt werden kann, diese haben aber meist zwei USB Buchsen, was nicht weiter tragisch ist. Bilder dazu später.


[DURCHFÜHRUNG - SOFTWARE TEIL 1]

Zunächst muss der neue DOM / USB Stick mit dem Recovery Image beschrieben werden, dies ist für alle Modelle identisch (das Image unterscheidet sich natürlich).


Unter Windows machen wir das einfach mittels Rufus und unter Linux mit cp:


rufus.PNG

[Bild 1 – Windows Rufus: Diese professionell gefertigte Grafik ist denke ich selbsterklärend; Beispiel an einem TS-x53]


Zu cp gibt es nicht viel zu sagen, die Syntax lautet cp NAME_DES_IMAGE.img /dev/NAME_DES_USB_DEVICE



Bevor es mit der Software weitergeht, müssen wir aber nun erstmal an die Hardware...


[DURCHFÜHRUNG - HARDWARE]

Dieser Schritt ist nun abhängig von der oben genannten Gerätegruppe.


A)

Bei Modellen der Gruppe 1.2 stecken wir den Stick einfach in eine der hinteren USB Buchsen, bevorzugt kleiner als USB3.
Auch für Geräte der Gruppe 2.2 machen wir genau das, in der Hoffnung, dass der tatsächliche DOM nicht mehr als solcher erkannt wird und/ oder der USB Stick zukünftig trotzdem primär verwendet wird.


Alternativ kann dies auch bei Geräten der Gruppe 1.1 so gemacht werden, ich rate hier aber zur anderen Variante.


B)

Bei Modellen der Gruppe 2.1 muss der USB Stick über das "USB Pin Header auf USB Buchse Kabel" direkt am Mainboard angeschlossen werden. Dazu muss das Gerät geöffnet und der DOM ausfindig gemacht werden, damit dieser anschließend abgezogen werden kann. Der Stecker ist meist verklebt und dieser (harte) Kleber muss gelöst werden, damit man nicht die ganzen Kontakte abreißt. Ich komme am besten klar, wenn ich den Kleber "außenrum" leicht hebelnd mit einem Cuttermesser entferne.


Wenigstens das Entfernen des DOMs empfehle ich außerdem für Geräte der Gruppe 1.1, bei denen der Stick dennoch hinten angeschlossen werden soll. Meine klare Empfehlung ist allerdings auch hier den DOM Anschluss mittels Adapterkabel zu verwenden.


Ist der DOM erstmal entfernt, wird das Adapterkabel einfach aufgesteckt, wobei "einfach" fast gelogen ist, denn wie immer kochen manche Hersteller hier ihr eigenes Süppchen, sodass die Belegung variieren kann, insbesondere wenn es sich um ein Adapterkabel passend zu einem bestimmten Mainboard handelt. Meines Wissens verwendet QNAP hier die Standardbelegung von USB2; eventuell muss die Belegung des vorhandenen Kabels entsprechend überprüft werden, aber das würde hier den Rahmen sprengen, wobei „Quick Guide“ schon jetzt nicht mehr so richtig zutrifft glaube ich…


Dies hier ist das, was für alle mir bekannten NAS funktionieren sollte. Diese Stecker haben i.d.R. auch gleich zwei Buchsen, eigentlich reicht eine einfache Buchse, die dann jedoch meist mit nur 4 Pins daherkommt und daher Verpolungsgefahr* besteht. Unter Umständen sind auch nur 4 Pins auf dem Mainboard belegt, sodass ggf. nur eine der beiden USB Buchsen funktioniert; bei einer Buchse mit 4 Pin Header muss man dann ggf. auf dem Mainboard umstecken.


8+1 Header.jpg

[Bild 2 – 8+1 USB Pin Header mit zwei USB Buchsen]


Nur informativ. Neben dem 8+1 Header (schwarz) sehen wir auch zwei 10 polige Header (blau), die ebenfalls verwendet werden können, wobei auch hier Verpolungsgefahr* besteht.


8+1, 10 Header.jpg

[Bild 3 – u.a. 10 USB Pin Header


* Hiermit meine ich nicht, dass man nicht versehentlich falsch aufstecken kann, man erkennt beim 8+1 aber ganz leicht, wie es richtig ist. Auch ist „Gefahr“ nicht gleich die Gefahr eines Schadens, es funktioniert bei Verpolung halt einfach nicht.


Ist der Ersatz-DOM installiert, geht es zurück zur Software.


[DURCHFÜHRUNG - SOFTWARE TEIL 2]

Das NAS wird nun ohne Disks / SSD / M2 gestartet.


Sollte der USB Stick am DOM Anschluss angeschlossen sein, geht es direkt bei B) weiter. Zumindest theoretisch… Unter Umständen wird hier doch Schritt A (Anpassung im BIOS) erforderlich, ich kann wie gesagt nicht für alle Fälle testen. In jedem Fall sollte zukünftig beim Boot / Neustart des NAS darauf geachtet werden, dass keine weiteren USB Datenträger angeschlossen sind.


A)

Wenn der USB Stick in eine USB Buchse gesteckt wurde, führt der erste Weg ins BIOS. Hier muss die Bootorder auf den USB Stick gestellt werden. Wie man ins BIOS kommt ist nun abhängig davon, ob man dies über einen Monitor, Console Port oder anderweitig erreichen kann. Die Möglichkeiten im Detail aufzuführen wäre an dieser Stelle zu viel, das kann aber auch im Recovery Guide von QNAP geprüft werden:

https://wiki.qnap.com/wiki/Firmware_Recovery
[der Link ist bereits heute schon veraltet und wurde durch eine neue Seite (s.o.) ersetzt, ist aber deutlich besser als die neue Seite. Ich hoffe der Link bleibt noch eine Weile aktiv...]


Leider können die Anzeigen bzw. Bezeichnungen abweichen, je nach USB Stick weicht die Bezeichnung in jedem Fall ab, daher sind nachfolgende Screenshots nur als allgemeine Referenz zu betrachten:


BIOS IST.jpg

[Bild 4 – BIOS Default mit USB Stick eines TS-x53]


BIOS SOLL.jpg

[Bild 5 – BIOS Sollzustand mit USB Stick eines TS-x53]


Die Einstellungen werden nun noch gespeichert und das BIOS verlassen. Anschließend geht es bei B) weiter.


Zunächst aber noch eine Anmerkung und der Grund weshalb ich oben dazu geraten habe nach Möglichkeit den DOM Anschluss zu verwenden oder wenigstens den DOM zu entfernen:

Manche Geräte stellen die Bootorder nach einem Neustart oder wenn das Gerät von der Spannung getrennt war wieder auf den Standard, also den DOM zurück. Damit würde das NAS (je nach Defekt des DOM) in ein inkonsistentes QTS booten oder gar nicht erst starten. Durch das Entfernen des DOM wird dies abgewendet, außerdem hören die (manche) Geräte damit auf, auf Standard zu stellen, wenn der DOM nicht vorhanden ist. Auch hier muss ich anmerken: ich kenne nicht jedes Gerät! Somit bleibt zu hoffen, dass "im Zweifel" automatisch auf den vorhandenen USB Datenträger umgestellt wird.


B)

Ohne Disks Einschalten. Das NAS sollte nun vom USB Stick booten und vom Qfinder gefunden werden. Prinzipiell haben wir nun den Zustand nach einer DOM Recovery, also ein nicht betriebsfähiges QTS. Damit dies nun betriebsbereit wird, muss noch ein Firmware Update erfolgen. Dazu öffnen wir den Qfinder und führen das Firmware Update auf die zuletzt verwendete (im Zweifel neuste**) Version durch. Das NAS startet nach Abschluss neu und kann dann heruntergefahren werden.

Nun werden wieder sämtliche Disks eingebaut und das NAS eingeschaltet, dann sollte es wie gewohnt booten und betriebsbereit sein.


Eigentlich sind wir fertig, aber ich kann es einfach nicht lassen noch ein "Achtung!" auszusprechen:

Manche Modelle sind bei dem Firmware Update nach einer DOM Recovery etwas speziell und erfordern bestimmte Versionen, auf die zunächst geupdated werden muss (z.B. HS-251+). Solch alte Firmware bekommt man oft auch nur über den Support, und selbst dann kann es zu Problemen bei dem Update kommen, die man zwar relativ "einfach " umgehen kann, aber dennoch etwas Aufwand erfordern. Details würden allerdings wieder den Rahmen hier sprengen: Forum kontaktieren.

** bei relativ alter Firmware vor 4.3.6 kann es Probleme mit „der neusten“ Firmware geben, in diesen Fällen bitte unbedingt das Forum kontaktieren, wenn nicht klar ist welche Firmware zuletzt verwendet wurde oder diese nicht aufzutreiben ist!


[EPILOG]

So "einfach" ist der DOM also durch einen USB Stick ersetzt, schade dass es für manche Modelle nicht so einfach bzw. Glücksache ist... Man ist übrigens gut beraten, wenn man sich bereits im Vorfeld einmal anschaut wo und wie der auszuwechselnde DOM verbaut ist, denn hier ist kann es durchaus auch mal zu Platzproblemen kommen, sodass man beim Kauf der Teile unter Umständen ein paar Dinge beachten muss. Es ist auch empfehlenswert einen USB Stick mit Aktivitäts-LED zu verwenden, denn der DOM (sofern steckbar) ist ebenfalls so ausgeführt sodass man das Blinken des DOM bei Bedarf auch zu Diagnosezwecken verwenden kann.
Wie dem auch sei... ich bin mir jetzt schon sicher, dass dieser Artikel in vielen Fällen für neue Posts oder Kommentare sorgt... ich kann, will und muss es einfach nochmal erwähnen:
Ich kenne nicht alle Geräte und die wenigen die ich diesbezüglich kenne, haben mich auch stets überrascht.



Ich hatte bereits Ende April begonnen den Artikel zu schreiben, mittlerweile ist Vatertag. Ich kann mich nicht entsinnen, wann ich an diesem Tag mal nicht mit den Jungs auf Tour war; nach der letzten Eskapade die nicht nur für mich blutend in der Notaufnahme endete, habe ich mich dieses Jahr jedoch dafür entschieden mal etwas kürzer zu treten. Trotzdem gönne ich mir natürlich einen…

Nicht nur auf die Väter, erst recht nicht nur auf die Männer: Cheers Ladies! :beer: :beer: :beer: