
00 Titel.pngManch einer wird sich jetzt vielleicht fragen: „Kann denn meine Festplatte auch Fieber (erhöhte Temperatur) bekommen, oder wieso sollte mich dies interessieren?“
Nun ja, wie beim Menschen kann eine erhöhte Temperatur ein Indiz für Probleme sein. Und eine zu hohe Temperatur führt über kurz oder lang auch zum Festplattentod. Deshalb ja, die Festplattentemperatur hat auch den fürsorglichen Hobbyadministrator zu interessieren.
Dieser Artikel ist in erster Linie für HDDs (Hard Disk Drives sprich magnetisch mechanische Festplatten) geschrieben, auch wenn das meiste für SSDs zutrifft.
1. Jetzt wird‘s warm
Wie es den meisten vielleicht schon aufgefallen sein wird, die meisten Komponenten eines PC, Notebooks oder eben auch eines NAS werden bei starker Beanspruchung bzw. Auslastung wärmer. Dies ist meinst durch Einschalten des oder der Lüfter mehr oder minder lautstark wahrzunehmen. Auch kann sich die Drehzahl des Lüfters mehr und mehr bei ansteigender Temperatur erhöhen. Dadurch versuchen die Systeme die Temperatur der verschiedenen Komponenten von selbigen weg zu transportieren.
Wer
jetzt das Gefühl hat, sein NAS oder Notebook wäre unerträglich
laut auf Grund dieser Lüfter, der sollte mal einen
etwas älteren Server hören, der alle Lüfter unter Volllast laufen
lässt. Das ist zuweilen schon fast furchteinflößend. Daran kann
ich mich bis heute noch nicht so richtig gewöhnen. An die armen
lautstärkemäßig geplagten Admins hat da
wohl niemand
gedacht.
Deshalb ist es zu empfehlen das NAS an einem geeigneten Platz aufzustellen, bei dem die Wärme gut weg kann. Im Garderobenschrank im obersten Fach hinter dem Schal und den Winterhandschuhen mag akustisch genial sein, aber wärmetechnisch der Overkill. Die Wärme kann nirgends hin. Auch wenn es Hard Disk Drive heißt, irgendwann wird es der „härtesten“ Festplatte zu warm.
2. Die Temperaturen nach Spezifikation des Herstellers
Manch einer wird sich denken, so warm wird das Ganz schon nicht werden. Aber man sollte nicht unterschätzen von welchen Temperaturen wir hier reden. Dabei geht es nicht nur um die Festplatten die Wärme entwickeln können. So ein Hauptprozessor (CPU) kann ordentlich Wärme produzieren und dies bei zum Teil sehr hohen Temperaturen. Habe jetzt nie im Detail beobachtet was die diversen NAS CPUs bei längerer Volllast in der Spitze erreichen können, aber vor kurzem habe ich bei einem meiner Notebooks Spitzentemperaturen von 95°C bei der CPU gemessen. In Anbetracht dessen dass Notebook CPUs eigentlich eine niedrigere Wärmeentwicklung haben als Desktop oder Server CPUs und dass man bei einem Notebook die Finger auf der Tastatur und das Gerät unter Umständen auf den Knien hat sind dies doch ordentlich Temperaturen. Ich gehe davon aus, dass dies bei einem NAS – je nach CPU-Model - in etwa ähnlich sein dürfte, wenn nicht sogar noch etwas höher.
Aber in diesem Artikel soll es jetzt eigentlich nicht um die CPU-Temperatur sondern um die der Festplatte gehen. Von welchen Temperaturen hier die Rede ist wird durch sehr unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Nicht ganz unwichtig ist zu wissen, welche Temperaturen die verbauten Festplatten überhaupt (v)ertragen können. Dies kann man meist aus der technischen Spezifikation des Festplattenherstellers entnehmen. Diese kann je nach Festplattenmodell unterschiedlich sein. Dies kann nach Bauart, Einsatzgebiet, Umdrehungszahl der Platten, Füllung und anderen Faktoren abhängig sein. Im Schnitt kann man allerdings sagen, dass optimalerweise eine Festplatte die Temperatur von 50°C dauerhaft nicht überschreiten sollte, besser weniger. Festplatten können modellabhängig aber bis zu 70°C heiß werden. Dies sollte aber nur kurzfristig sein und nur bei Platten die mit solchen Temperatur umgehen können. Die optimale Betriebstemperatur liegt aber unter 50°C so bei 30 bis 45°C. Je tiefer desto besser.
Ich habe hier mal beispielhaft die Angaben aus der technischen Spezifikation zu folgenden Modellen:
Western Digital WD Red WD80EFAX | Seagate Ironwolf ST8000VN004 | Toshiba Enterprise SAS AL15SEB030N | |
Betriebstemperatur | 0 bis 65°C | 5 bis 70°C | 5 bis 55°C |
Nichtbetriebstemperatur | -40 bis 70°C | -40 bis 70°C | -40 bis 70°C |
Man
sieht hier, dass die zulässige Temperatur von Festplatten durchaus
differieren kann. Zugegeben, die Toshiba ist eine Enterprise Class
SAS 2,5“ Festplatte, die wohl eher in Servern / Storage-Systemen
denn in NAS verbaut wird und erst recht nicht im Heim-NAS. Dennoch
sehen wir hier im Forum immer wieder, dass alles was an Festplatten
zuhause herumliegt auch in den NAS verbaut wird.
Falls
bei jemanden jetzt die Frage aufkommt was zu tun ist, sollte die
Festplattentemperatur mal unter die Mindestbetriebstemperatur von 0
bis 5°C fallen: Den Heizungstechniker anrufen, denn dann dürfte die
Heizung aufgefallen sein.
3. Einflussfaktoren
So nun wissen wir, eine Festplatte wird warm und erträgt nur ein bestimme maximale Temperatur. Aber was sind die Einflussfaktoren dieser Wärme. Sprich was kann man tun, dass den Festplatten nicht so warm wird. Oder anders gesagt, wie hält man die Festplatten möglichst kühl.
3.1 Der Standort
Den Standort des NAS habe ich ja schon kurz angesprochen. In einer professionellen Umgebung ist das Ganze relativ klar, da hier meist ein klimatisierter Serverraum zur Verfügung steht. Im privaten Einsatzgebiet ist das Ganze nicht immer so klar. Neben optischen und akustischen Überlegungen steht man hier immer auch noch vor verkabelungstechnischen Problemen. Meist bleiben hier die thermischen Überlegungen außen vor.
Grundsätzlich muss man wissen, dass warme Luft aufsteigt. Von dem her ist das oberste Regalfach / Tablar schon mal nicht so optimal. Hier wäre das unterste Regalbrett bei weitem besser. Hier muss man allerdings wieder berücksichtigen, dass das NAS vom Boden Staub anziehen kann und dieser sich auf Festplatten und andere Komponenten legen kann. Dieser Staub wirkt wie eine Isolationsschicht und erhöht die Temperaturen der Komponenten. Mal ganz abgesehen davon, dass der Staub auch den Durchfluss der Luft stört und die Luftzirkulation innerhalb des NAS verschlechtert. Eine tiefere staubfreie Position wäre also wünschenswert.
Wichtig bei der Positionierung des NAS ist auch eine gute Luftzirkulation rund um das NAS. Sprich das NAS muss Luft gut anziehen, aber auch hinten wieder ausblasen können. Also sollte rund um das NAS genügend Abstand zu anderen Dingen sein, damit die Zirkulation gewährleiste ist.
Ein
NAS zieht die kühle Luft von vorne an und bläst die erwärmte Luft
hinten wieder aus. Dies wird meist durch den oder die eingebauten
Lüfter gewährleistet. OK, es gibt auch ein paar lüfterlose Modell.
Also wenn das NAS die warme Luft vorne ausbläst, dann ist
schon mal grundsätzlich irgendwas falsch (oder Ihr habt das NAS
verkehrt herum aufgestellt ).
Das NAS sollte auch keiner Sonnenstrahlung ausgesetzt sein. Sonnenstrahlung und somit auch die UV-Strahlung ist grundsätzlich schlecht für elektronische Geräte. Mal abgesehen von der Erwärmung macht UV-Strahlung Plastik auf Dauer spröde. So können Stecker, Gehäuse und andere Teile des NAS leiden.
Auch ein Plätzchen in der Nähe von Heizkörpern ist nicht das Richtige. Auch wenn dieser im Sommer kalt bleibt, spätestens im Winter wenn Ihr friert muss dann das NAS schwitzen.
Auch wenn dies jetzt nicht temperaturrelevant ist, Feuchtigkeit aller Art ist tabu – egal ob in flüssiger oder in Form von feuchter Luft.
Nur schon die richtige Auswahl des Standplatzes für Euer NAS kann die Temperatur des Systems und auch der Festplatten um mehrere Grad senken.
3.2 Die Festplatte selbst
Nicht jede Festplatte erzeugt gleichviel Abwärme. Als ein Einflussfaktor kann man grob die Umdrehungsgeschwindigkeit der Platten hernehmen. Je höher diese desto höher die Wärmeentwicklung. Deshalb wird in Notebooks und NAS oft Festplatten mit reduzierter Umdrehungsgeschwindigkeit verwendet, meist so um 5‘400 RPM, während in Desktop-Festplatten so 7‘200 RPM anliegen. In Server- und Storage-Festplatten kann die Drehzahl noch viel höher sein. Da werden schon mal 15‘000 RPM verwendet. Aber das dürfte immer vom jeweiligen Hersteller und Festplattenmodell abhängen.
Leider findet sich zur eigenen Wärmeentwicklung der Festplatte in den technischen Spezifikationen der Hersteller keine Angaben.
3.3 Die Position der Festplatte innerhalb des NAS
Auch die Position innerhalb des NAS kann Einfluss auf die Temperatur der Festplatte haben. Manch einer hat vielleicht schon festgestellt, dass obwohl im NAS das gleiche Festplattenmodell verbaut ist, alle Festplatten unterschiedliche Temperaturen aufweisen können. Bei meinen TS-809 Pro sieht man dies sehr schön.
TS-809 Pro: Normalbetriebstemperaturen
TS-809 Pro: Maximalbetriebstemperaturen
TS-809 Pro: Verbaute Festplattenmodelle
Je näher an der CPU oder anderen Wärmequellen und je weiter oben im Gehäuse desto wärmer. Beim TS-809 Pro sind 2 Festplattenreihen zu 4 Festplatten übereinander angeordnet. Die Unterschiede sind jetzt nicht so gravierend, aber immerhin noch 5°C beim gleichen Festplattenmodell. In Anbetracht, dass das bei mir verbaute Western Digital WD2002FYPS Festplattenmodell nach technischer Spezifikation eine maximale Betriebstemperatur von 55°C zulässt, könnte dies bei einem ungünstig gewählten Standort durchaus matchentscheidend sein.
TS-873U-RP Pro: Normalbetriebstemperaturen
Bei meinem TS-873U-RP sind 4 mal die gleiche Festplatte verbaut, 4x Seagate Ironwolf ST8000VN0022, in der unteren Reihe. Hier sind die Temperaturunterschiede geringer, nur 2°C, aber dennoch vorhanden.
TS-419P II: Normalbetriebstemperaturen
TS-419P II: Verbaute Festplattenmodelle
Auch beim lüfterlosen TS-419P II bei den 3 gleichen Western Digital WD20EFRX 2°C Temperaturunterschied. Hier schön abgestuft von Innen (CPU und andere Komponenten) nach Außen.
3.4 Die Belastung der Festplatten
Eigentlich
klar, aber der Vollständigkeit halber: Je stärker und länger eine
Festplatte ausgelastet wird desto wärmer wird sie.
4. Alterung und Defekte
Jetzt kann man sich natürlich fragen, wieso sich darüber überhaupt Gedanken machen. Die maximalen Temperaturen wird man im Normalfall bei modernen Festplatten eher nicht erreichen - zumindest wenn man die oben genannten Grundsätze berücksichtigt und keine Festplattenmodelle mit einer maximalen Temperatur von 55°C hat. Aber was wenn man diese eben nicht berücksichtigt oder nicht alle berücksichtigen will oder kann?
Die
Festplatte permanent an der maximalen Temperatur laufen zu lassen
kommt sicher nicht gut. OK, meine Festplatten beim TS-809 Pro laufen
auch nur 9°C unter der maximalen Temperatur bei Volllast. Allerdings
handelt es sich hier um Festplatten der Enterprise Class und das NAS
steht in einem klimatisierten Server-Raum. Bei den beiden oben
dargestellten Screenshot der TS-809 Pro handelt es sich um die
minimale und die maximale Temperatur der Festplatten im laufenden
Betrieb. Ein Temperaturunterschied von maximal 3°C bei Dauerbetrieb
(24x7) ohne Festplattenruhemodus und dies seit 10 Jahren. So what.
Aber eine Temperatur nahe der maximalen Temperatur kann die Alterung der Festplatten beschleunigen und auch die Fehleranfälligkeit erhöhen. Ich frage mich manchmal, wie stark bei den hier im Forum gemeldeten Festplattendefekten die Temperatur mit Einfluss hat.
5. Einstellungen am NAS
Wer seine Festplatten vor Überhitzung schützen will, kann diese vom NAS überwachen lassen und bei Bedarf eine Meldung abschicken lassen.
Unter:
- Speicher & Snapshots
- Speicher
- Einstellungen (Zahnrad)
- Datenträger / Geräte
lässt sich eine einheitliche Alarmtemperatur für alle Festplatten einstellen.
Unter:
- Speicher & Snapshots
- Datenträger / VJBOD
- Festplatte auswählen
- Datenträgerstatus
- Einstellungen
lässt sich die Temperatur für jede Festplatte individuell festlegen.
Bitte vergesst nicht das NAS so zu konfigurieren, dass das entsprechende Versenden der Alarmmeldung auch möglich ist.
6. Fazit
Und
wieder einmal ist aus einem eigentlich kurz geplanten Artikel ein
etwas längerer geworden. Aber wenn man sich in ein Thema
einarbeitet kommt immer mehr zu Tage.
Wie dem aus sein, die Festplattentemperatur mag zwar nicht der wichtigste Hardware-Wert eines NAS sein, aber eine gut temperierte Festplatte funktioniert nun mal besser und länger.
Abgesehen davon sorgt eine niedrige Temperatur von Festplatten und System zu weniger Geräuschen der Lüfter, was wieder die Mitbewohner freuen dürft.
Für SSD (Solid-State-Drive) – egal ob SATA, mSATA, M.2, U.2 etc. – gilt grundsätzlich ähnliches. Hier sind die Temperaturwerte jedoch etwas anders.
Kommentare 2
Mavalok2 Autor
Habe gerade noch einen alten Beitrag von mir gefunden mit den Temperaturen von vor 3 Jahren. Die TS-809 Pro und TS-419P II stehen zwar immer noch im selben klimatisierten Serverraum aber in einem anderen Server-Rack an einer anderen Position weiter oben und näher zusammen. Was nur schon dies ausmacht. Verblüffend.
Was habt Ihr so für Systemtemperaturen?
Edit:
Könnte auch sein, dass diese Temperaturwerte vor Einführung von Q'Center sind. Q'Center und der entsprechende Q'Agent auf allen verwalteten NAS sorgt dafür, dass die Festplatten nicht mehr in den Ruhemodus gehen. Denn die Systemtemperatur, welche mit Q'Center protokolliert und überwacht werden kann, hat sich seit der Standortänderung nicht so stark verändert.
chef1
Vielen Dank für den Artikel. Das Thema war für mich nicht neu. Wurde dann doch überrascht, dass es für NAS-Festplatten auch Modelle gibt mit einer solch niedrig spezifizierten Maximaltemperatur für den Betrieb. Hatte bislang beim Kauf nicht darauf geachtet.
Abgesehen von Orthografie fehlt noch der Hinweis für NAS-Betreiber, die im Mittelgebirge wohnen oder arbeiten, wie sich die spezifizierten zulässigen Werte für diese ändern. Steht üblicherweise im Text der Spezifikationen der Hersteller, entweder nach der einzelnen Tabelle oder nach allen Tabellen.
Und was den Hinweis für SSD anbelangt, ist die Thematik zwar die gleiche, aber die Vorkehrungen für den Betrieb oft unterschiedlich. Dürfte bei QNAP-Erweiterungskarten für die meisten Modelle kein Thema sein. Während bei konventionellen Festplatten oft keine besonderen Vorkehrungen notwendig sind (außer der im Artikel beschriebenen Temperaturüberwachung), werden SSDs standardmäßig ohne zusätzliche Kühlkörper angeboten, was eher zu einer Regelung oder vorzeitigen Alterung führen kann als bei Festplatten. Und es gibt SSDs mit internem Temperatursensor, was zu besseren Regelungsmöglichkeiten führt.