Wie der Datenschutz in der EU-ePrivacy-Gesetzgebung von der Industrielobby wegmanipuliert wird...

Datenschutz macht Arbeit, nicht für den, der ihn implementieren muss, sondern auch für den, der ihn anwenden will.


Datenschutz kostet auch. Datenschutz schützt aber, und zwar vor allem jeden einzelnen Bürger vor den rein wirtschaftlich orientierten Begehrlichkeiten der Industrie, und vor dem wachsamen (Röntgen-) Auge des Staates und der Staaten. Datenschutz schützt auch den Einzelnen vor der reinen Beeinflussung durch das Wissen um Überwachung.


Dass es dabei mit dem Datenschutz nicht zum besten steht, wissen wir alle spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden. Es wird systematisch ausgespäht und alles mögliche aufgezeichnet, gespeichert und analysiert. Dass dabei nicht nur die Daten und Informationen selber eine Rolle spielen, sondern bereits die Metadaten, also z.B. wer mit wem wann und wo und wie Kontakt hat, eine große Rolle spielen, haben wir in den letzten Jahren mehr und mehr begreifen müssen.


Ein damit verbundenes Problem ist, dass bereits die Tatsache, dass man weiß man wird beobachtet, zu einer Veränderung des eigenen Verhaltens führt. Dieser Effekt ist Wissenschaftlern bekannt als Hawthorne-Effekt, kurz zusammengefasst:

Demnach ändern Teilnehmer ihr natürliches Verhalten, weil sie wissen, dass sie an einer Studie teilnehmen und unter Beobachtung stehen.


Man könnte das jetzt als wissenschaftliches Gedöns abtun und in die gedankliche Ecke schieben, das greift aber zu kurz, da der Hawthorne-Effekt eben für jedes Verhalten in jedem Setting greift.


Das heißt nichts anderes, als das Menschen z.B. weil sie um ihre Beobachtung und Überwachung wissen, nicht mehr einfach so ihre Meinung äußern, nicht mehr zu Veranstaltungen gehen, den öffentlichen Raum meiden oder mehr. Somit hat die Überwachung eine beeinflussende Wirkung auf die Menschen, die überwacht werden, auch wenn das viele wahrscheinlich weit von sich weisen.


So weit, so ungut. Aber um noch etwas Salz in den Kaffee zu schütten:


In dieser Woche wird im Europäischen Parlament über die ePrivacy-Gesetzgebung abstimmen. Das Corporate Europe Observatory ("CEO") hat zeitlich passend dazu einen Bericht veröffentlicht, in dem die Beeinflussung und Manipulation dieser Gesetzgebung durch die Industrie aufgezeigt wird. Es verwundert leider nicht, wenn es bereits in dem Teasertext auf der Website heißt:


For the past 16 months, industry lobbies, including all those who collect or use citizens’ personal online data for advertising purposes, have been vigorously opposing new proposals on ePrivacy.

Im Klartext: Das ePrivacy-Gesetz der EU ist von der Industrie und den Interessen der Werbeindustrie kaputtlobbyiert worden.


Dass die Beeinflussung dieser Gesetzgebung dabei sehr extrem abweichend - und zwar zum negativen - war, lässt sich an einem Zitat besonders klar herauslesen:


Zitat

one of the worst lobby campaigns I have ever seen


Es lohnt sich leider sehr, sich die Infoseite des CEO zu diesen Vorgängen Big Data is watching you einfach einmal anzuschauen.



Auf der Website des CEO findet man auch ins deutsche übersetzte Berichte zu anderen Themen, die mit Lobbying und auch mit Datenschutz zu tun haben unter diesem Link, man muss dann nur die Suchsprache auf Deutsch einstellen.


Es lohnt sich, sich diese Informationen und Berichte einmal anzuschauen, um eine besseres Verständnis zu Fragen des Datenschutzes und der Gefahr des Lobbyismus zu bekommen.